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Leiharbeitnehmer können Anzahl freigestellter Betriebsratsmitglieder erhöhen

Leiharbeitnehmer können die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach § 38 BetrVG erhöhen.

Leiharbeitnehmer sind bei der Feststellung der für die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des Betriebs gehören.
(BAG, Beschluss vom 18. Januar 2017, 7 ABR 60/15)

Inhalt der Entscheidung

Der siebte Senat des BAG hat sich in diesem Beschluss (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze zum 1.4.2017) mit der Auslegung des § 38 Abs. 1 BetrVG beschäftigt. Nach § 38 Abs. 1 BetrVG ist die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder davon abhängig, wie viele Arbeitnehmer „in der Regel“ in dem Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt sind.

Ob bei der Ermittlung der Anzahl der Arbeitnehmer auch die in dem Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, ist nach dem BAG durch eine am Normzweck orientierte Auslegung der jeweiligen gesetzlichen Regelung zu ermitteln. Durch die Freistellungsregelung in § 38 BetrVG soll eine möglichst effektive Betriebsratsarbeit gewährleistet werden. Hierzu führt das BAG aus, dass der Arbeitsaufwand des Betriebsrates nicht nur durch die Stammbelegschaft, sondern auch durch die Leiharbeitnehmer bestimmt wird.

Dies ergibt sich zum einen durch die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten gemäß § 99 BetrVG und zum anderen auch aus der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG, die der Betriebsrat des Entleiherbetriebes zumindest teilweise auch für die Leiharbeitnehmer wahrzunehmen hat. Darüber hinaus gelten nach § 14 Abs. 2 S. 3 AÜG im Entleiherbetrieb auch die §§ 81, 82 Abs. 1 und die §§ 84 – 86 BetrVG. Aus diesem Grund sind die Leiharbeitnehmer bei der Feststellung der für die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nach § 38 Abs. 1 BetrVG zu berücksichtigen (Rn. 29 ff.).

Wieviele Arbeitnehmer „in der Regel“ in dem Betriebs beschäftigt sind, richtet sich nach der Entscheidung des BAG nicht nur nach dem Personalbestand in der Vergangenheit (in einem zurückliegenden Zeitraum von sechs Monaten bis zwei Jahren), sondern es sind auch aufgrund konkreter Unternehmentscheidungen zu erwartende Entwicklungen des Beschäftigungsstands zu berücksichtigen (Rn. 34).

Bedeutung der Entscheidung

Mit dieser Entscheidung hat der Siebte Senat des BAG abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG, Beschluss vom 22. Oktober 2003, 7 ABR 3/03) die Rechtsprechung des Ersten Senats des BAG fortgesetzt, der bereits zu den Schwellenwerten bei Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG (BAG, Urteil vom 18. Oktober 2011, 1 AZR 335/10) festgestellt hatte, dass Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerte zu berücksichtigen sind. Dies hatte der Siebte Senat des BAG in der Folgezeit auch schon zur Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG bestätigt (BAG, Beschluss vom 13.3.2013, 7 ABR 69/11).

Mittlerweile hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes mit Wirkung ab dem 1.4.2017 in § 14 Abs. 2 S. 4 AÜG ausdrücklich klargestellt, dass Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung von Schwellenwerten im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahme des § 112a auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen sind.

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